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Namen sind Schall und Rauch?
Namen sind Schall und Rauch? Sagen Sie das mal "Bluebell Madonna" und "Pumuckl"!
VON FRANK AUPPERLE

Bei der Namensvergabe für ihre Kinder folgen Menschen seit dem Mittelalter immer demselben Muster: Die Oberschicht setzt Standards, indem sie ihren Kindern ungewöhnliche Namen gibt, um sie so von den Sprösslingen der unteren Schichten abzuheben. Doch das "gemeine Volk" übernimmt diese Namen in den folgenden Jahren und macht sie damit zu seinen Standards, sodass die Oberschicht sich wieder neue Vornamen für ihre Kinder ausdenken muss. Im Medienzeitalter setzen die Trends in erster Linie Schauspieler, Musiker und andere Prominente.

Nun gibt es dankenswerterweise Gerichte, die den Eltern allzu absurde Vornamen für ihre Kinder verbieten. Im Vordergrund steht dabei immer das Wohl des Kindes: Eltern, deren Nachname "Wurst" lautet und die ihren Sohn "Hans" nennen, haben eben so wenig ein Gespür für das Wohl des Kindes wie diejenigen, die ihrer Tochter einen Doppelnamen aus dem nordischen Mädchennamen "Siv" und dem englischen Mädchennamen "Phillis" geben wollen.

"Siv" hin, "Phillis" her: Wir haben aus den skurrilsten Vornamen, die unseren Weg gekreuzt haben, eine persönliche Auswahl erstellt. Das Ergebnis sind unsere Top-Ten der schrägsten Vornamen. Eine Bitte vorab an die Eltern: Wenn Sie das Folgende gleich lesen - machen Sie es auf Ihrer Suche nach einem Vornamen für ihr Kind nicht nach! Sie schaden ihm damit für sein ganzes Leben.

Platz 10 - Eleni Sizilia

"Sizilia est insula" - so ist es: Insel, aber nicht Vorname. Wobei Eleni, eine Variante von Helene ("Die Strahlende") aus dem Altgriechischen, ein sehr schöner Mädchenname ist.

In Leipzig durften Eltern ihrer Tochter die beiden Vornamen "Eleni Sizilia" geben. Noch verwunderlicher als der zweite Vorname "Sizilia" ist die abenteuerliche Begründung: "Sizilia" wurde von den Richtern als Variante von "Cäcilia" betrachtet und erlaubt.

Morgen heißen sächsische Mädchen dann vielleicht "Eleni Helgoland" oder "Eleni Sylt" - diese Inselnamen müssten als Varianten der Mädchennamen "Helga" und "Sylke" durchgehen.

Platz 9 - Emma Tiger

Das ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass die Promis es vormachen, das Volk es nachmacht und die Medien es wiederkäuen, bis der gesunde Menschenverstand mürbe ist: In Amerika hat der Schauspieler Til Schweiger seine Tochter "Emma Tiger" genannt.

In Hannover wollten Eltern ihre Tochter nun nach genau diesem Vorbild ebenfalls "Emma Tiger" nennen - ohne Erfolg: Die Klage vor dem Landgericht wurde in erster Instanz abgelehnt: Das Wohl des Kindes sei gefährdet. Die Eltern klagten erneut. In zweiter Instanz wurde die Ablehnung etwas plausibler begründet: Der Name sei nicht als weiblich zu erkennen. Vornamen müssen aber in Deutschland genau das leisten.

Die Familie zog vors Oberlandesgericht in Celle, und der Richter, ein Mann mit einem Gefühl für den Zahn der Zeit, fällte ein richtungweisendes Urteil: Durch die Medienberichte über das Familienleben des Schauspielers Til Schweiger werde der Namen von dessen Tochter "Emma Tiger" bekannt. Und durch die Bekanntheit würde er an öffentlicher Akzeptanz gewinnen. Das Mädchen darf nun "Emma Tiger" heißen.

Diese Begründung ist so schlitzohrig wie wackelig: Sie würde auch abdecken, dass man seine Tochter "Emma DSDS", "Emma Knut" oder "Emma Guantanamo" nennen könnte.

Platz 8 - November

Ein schöner Herbstmonat ist der November, aber ist er auch ein schöner Vorname? Im Jahr 1995 wurde "November" als Vorname vom Amtsgericht Tübingen noch abgelehnt.

Was die Schwaben noch rigoros handhabten, ging Jahre später in Nordrhein-Westfalen sehr viel leichter über die Bühne: 2006 entschied das Landgericht Bonn, dass ein Junge mit Zweitnamen "November" heißen darf.

Er trägt nun die drei Vornamen “Joël November Severin”. Übersetzt bedeutet der Name: "Jahwe ist Gott, November, der Ernsthafte". Seit November 2007 ist der Vorname "November" auch für Mädchen aktenkundig: Auf dem Standesamt in Bad Oldesloe in Schleswig-Holstein wurde der Mädchenname "Svea November" in die Geburtsurkunde eingetragen. Wie wäre es als nächstes mit Wochentagen? Oder Tageszeiten? "Svea Afternoon" sollte man seine Tochter dann aber doch nicht nennen.

Platz 7 - Pumuckl

"Hurra, hurra, der Kobold mit dem roten Haar, hurra, hurra, der Pumuckl ist da!" Der einprägsame Refrain der TV-Serie "Meister Eder und sein Pumuckl" nach den Romanen der Schriftstellerin Ellis Kaut muss es einem Vater angetan haben: Er wollte seinem Sohn unbedingt den Vornamen "Pumuckl" geben.

Für alle, die es nicht wissen: Die frei erfundene Roman-Figur Pumuckl ist ein 30 cm kleiner, hochdeutsch sprechender Kobold, der bei einem bayerischen Schreinermeister lebt - nur er kann den Kobold sehen, der unsichtbar wird, sobald eine andere Person in dessen Nähe kommt.

Die Standesbeamten sagten zum Wunsch des Vaters "nein". Begründet wurde auch das mit dem Schutz und Wohl des Kindes. Der Vater klagte und gewann den Rechtsstreit: "Pumuckl" ist seitdem in Deutschland erlaubt, bislang allerdings nur als zweiter Vorname.

Platz 6 - Anakin

Dass die Medien bei der Namensgebung eine entscheidende Rolle spielen, belegt der Fall des kleinen "Anakin" aus dem belgischen Brüssel. Julie und Pascal Cruyvers wollten ihren Sohn unbedingt nach einer der Hauptfiguren der "Star Wars"-Saga nennen - nach "Anakin Skywalker", dem Jedi-Ritter, der im Verlauf der Kino-Filme von der Seite des Lichts auf die dunkle Seite der Macht wechselt und zu "Darth Vader" wird. Die Film-Figur verkörpert das personifizierte Böse.

Den Wunsch der Belgier, ihren Sohn wie die Filmfigur zu nennen, lehnte der Standesbeamte mit einem knappen "Lächerlich!" ab. Die Mutter drohte einen Hungerstreik an, wenn sie ihren Sohn nicht "Anakin" nennen dürfe. Vater Pascal schrieb einen Brief an die belgische Presse. Die Gerichte wollten sich nicht geschlagen geben. Das Tauziehen um den Vornamen ging über Wochen. Zuletzt gaben die Richter nach: Der Junge heißt nun "Anakin Cruyvers". Lustig wird es in belgischen Kindergärten zugehen, wenn "Chewbacca", "Obi-Wan", "Jabba", "Padmé" und "Spock" Fangen spielen: "Anakin, du bist!".

Platz 5 - Sage Moonblood

Yeah, das klingt nach dem Hauptdarsteller eines Actionfilms aus Hollywood: "Sage Moonblood". So weit daneben gegriffen ist das auch nicht, denn "Sage Moonblood" sind die beiden Vornamen von Silvester Stallones Sohn.

Eingedeutscht heißt der Sohn des Schauspielers (Rambo, Rocky) "Salbei Mondblut". Liebhaber von Fantasy-Romanen und ganz romantisch Veranlagte können sich wahrscheinlich für diese Namen begeistern.

Ob "Salbei Mondblut" selbst den Namen in späteren Jahren originell finden wird, wissen wir nicht. Eventuell fragt er aber seinen Vater in einem echten Männergespräch, warum der ihm nicht statt "Salbei" einen etwas peppigeren Namen gegeben hat: "Seargent Pepper" beispielsweise.

Platz 4 - Osama bin Laden

Die Wahl des Vornamens kann auch, ja, politische Gründe haben. Platz 4 geht an Herrn Soares, einen 46jährigen Brasilianer: Eigenen Angaben zufolge hasst er die Amerikaner so sehr, dass er sein sechstes Kind, einen Jungen, Osama bin Laden Feliciano de Oliveira Soares nennen wollte.

Die Behörden in der Stadt Embu nahe São Paulo fällten die einzig richtige Entscheidung: Sie lehnten den Namen mit der Begründung ab, dass das Kind sein ganzes Leben darunter leiden werde. Um seinen Sohn auf den Namen "Osama bin Laden" taufen zu dürfen, will Herr Soares notfalls vor Gericht ziehen. Der arbeitslose Bauarbeiter gab an, er sei "ziemlich begeistert von Bin Laden".

Jenseits aller Begeisterung: Wenn der kleine Osama alt genug ist, dürfte er ein ernstes Gespräch mit seinem Vater haben.

Platz 3 - Bluebell Madonna

"Bluebell Madonna" heißt die Tochter von 'Ginger-Spice' Geri Halliwell. Nun ist "Glockenblume Madonna, komm rein, das Essen ist fertig" kein Satz, den man seinem Kind im Alltag zurufen kann, ohne es lächerlich zu machen. Warum also diese Namen, Mrs. Halliwell? Im "Hello! Magazine" beantwortet sie die Frage so:

"Die endgültige Entscheidung für den Namen fiel, als meine Mutter mir erzählte, dass Glockenblumen zunehmend seltener werden. Also ist die Glockenblume eine wertvolle Blume, und das scheint mir für meine Tochter eine angemessene Bezeichnung zu sein. Für meine Wahl von 'Madonna' als zweitem Vornamen gibt es einen guten Grund. [...] Niemand sonst trägt diesen Namen, außer der Jungfrau Madonna und der Sängerin, die ich verehre".

Seltene Blumen und Sänger, deren Künstlernamen religiös inspiriert sind, sind Geri Halliwells Namensgeber. Unter anderen Umständen hätte die Tochter von 'Ginger-Spice' also auch "Edelweiss Nirvana" heißen können.

Platz 2 - Nazi

Sie lesen richtig: "Nazi". Mit dem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte hat unser Platz 2 rein gar nichts zu schaffen: "Nazi" ist ein schweizerischer Jungenname.

Er stammt aus dem Rätoromanischen. Im "Internationalen Handbuch der Vornamen" ist er verzeichnet. Insofern dürfte der Vorname in deutschen Standesämtern theoretisch eingetragen werden. Er empfiehlt sich dennoch nicht zur Namensgebung, besonders in Deutschland nicht: Laut Deutschem Namensrecht dürfen Vornamen das Wohl des Kindes nicht verletzen. Sie dürfen nicht beleidigend oder lächerlich sein, und sie müssen das Geschlecht erkennen lassen. "Nazi" leistet nichts von alledem.

"And the winner is: ..." - Wir präsentieren den absoluten Spitzenreiter: ...

Platz 1 - Chenekwahow Tecumseh Migiskau Kioma Ernesto Inti Prithibi Pathar Chajara Majim Henriko Alessandro

Unseren persönlichen Favoriten für Vornamen müssen Sie mehrmals lesen, um ihn richtig aussprechen zu können.

Eine Mutter im Rheinländischen wollte ihrem Erstgeborenen die Namen Chenekwahow Tecumseh Migiskau Kioma Ernesto Inti Prithibi Pathar Chajara Majim Henriko Alessandro geben (alle des rheinländischen Dialekts Mächtigen sollten diese Vornamen einmal zur Gegenprobe laut im Dialekt lesen.).

Ob die Mutter aus rheinischem Frohsinn, aus einer Karnevalslaune heraus oder aufgrund eines unstillbaren Geltungsbedürfnisses ihrem Sohn diese Vornamen aufbürden wollte, ist nicht überliefert. Das Oberlandesgericht Düsseldorf jedenfalls sagte zu diesen zwölf Vornamen kategorisch "Nein", und begründete das auch: Die Namensvergabe dürfe dem Wohl des Kindes nicht widersprechen. Das Kind müsse sich "die richtige Reihenfolge und Schreibweise der größtenteils ungewöhnlichen Namen merken" und würde durch diese "immer wieder auffallen". Die "Selbstidentifikation" des Kindes sei zudem mit zunehmender Zahl seiner Vornamen "nicht mehr gewährleistet". So weit, so gut.

Einziger Wermutstropfen: In der Rechtsprechung ging es ausschließlich um die Anzahl der Vornamen, nicht aber um deren Qualität. Denn das Gericht ließ die ersten fünf Vornamen zu. Der Junge heißt nun

Chenekwahow Migiskau Kioma Ernesto Tecumseh.

Der Nachname des Kindes war nicht zu erfahren. Wir hoffen aber für Chenekwahow Tecumseh Migiskau Kioma Ernesto, dass er nicht "Müller", "Maier" oder "Häberle" lautet. Die Mutter hat übrigens eine Verfassungsbeschwerde eingelegt, um die 12 Vornamen für ihren Erstgeborenen doch noch durchzusetzen - ohne Erfolg. Ganz besonders hätte uns noch eines interessiert: Wie lautet wohl der Vorname - oder lauten die Vornamen - der Mutter?

Kennen Sie verbotene oder erlaubte, abstruse Vornamen? Hier sind weitere Vornamen, die in Deutschland erlaubt sind:

Pepsi-Carola (ernsthaft!), Rapunzel, Rasputin, Winnetou, Gneisenauette, Blücherine, Katzbachine, Napoleon, Waterloo, Winzbraut.

Dagegen sind die folgenden Vornamen derzeit von deutschen Gerichten abgelehnt worden:

Agfa, Lenin, McDonald, Ogino, Pillula, Störenfried, Sputnik, Omo, Schnucki, Grammophon, Atomfried, Schroeder, Bierstübl.

Welche außergewöhnlichen Vornamen kennen Sie? Welche skurrilen Vornamen sind Ihre persönlichen Top Ten? Diskutieren Sie mit.


Arme, arme Menschheit! Ich sehe schwarz für die Zukunft!